Rückblende (1): Oktober

Liebes Tagebuch,

der vergangene Monat erwies sich in vielerlei Hinsicht als emotional herausfordernd.

Ich protestierte und malte auf dem Alexanderplatz gegen Tierversuche, schleppte eine beachtliche Zahl vegetarisch und vegan lebender Menschen in mein Lieblingsrestaurant, frühstückte opulent, spazierte in romantischer Herbststimmung am Wasser und beobachtete Schwäne beim Picknicken. Aus den gesammelten Kastanien schuf ich keine Halloween-Attraktion, überhaupt ging das Kürbisfest dieses Jahr vollkommen an mir vorbei.

Als mich ein Studienkollege nach Jahren ohne Kontakt auf einen Kaffee einlud, fühlte ich mich merkwürdig isoliert, obwohl er sich alle Mühe gab, die verflossene Zeit aufzuholen. Dieses Gefühl begleitete mich auch beim Treffen mit dem besten Freund aus Schultagen, den ich ebenfalls etliche Jahre aus den Augen, jedoch nie aus den Gedanken verloren hatte. Es beruhigte mich, dass der Groll, den ich zwischen uns vermutet hatte, nicht existierte und wir nach über einer Dekade Abstand voneinander mehr Gesprächsstoff und Gemeinsamkeiten fanden als dies mit den meisten Menschen der Fall gewesen wäre.

Trotzdem: Die Dinge hatten sich verändert. Eine Erkenntnis, die mir seit Wochen in allen Ecken meines Daseins auflauerte. Die innere Unruhe war beinahe unkontrollierbarer Anspannung und Traurigkeit gewichen, kurz vor meinem 35. Geburtstag steckte ich mitten in einer handfesten Lebenskrise.

@ Szimpla

Ich sortierte um, entledigte mich einiger Verpflichtungen und Gewohnheiten, diskutierte das Leben bei Sekt und Soja-Latte, schenkte mir eine neue Kamera und produzierte unmotivierte Bilder beim Berliner Lichterfest. Ich verbrachte einen wunderbaren Prä- und einen nicht minder gemütlichen Geburtstag, buk russischen Zupfkuchen und wurde reich beschenkt. Diesem letzten Oktoberwochenende haftete einige Sentimentalität an, deren Begleitumstände ich eben erst zu begreifen beginne.

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